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Conversionsraten richtig messen und beurteilen

„Wie hoch ist denn Ihre Conversionsrate“, höre ich oft als Gesprächspunkt bei Konferenzen. „Ja, die ist erstaunlich gut bei 3,5%. Ja wirklich gut, unsere liegt nur bei 0,75%“. Es liegt auf der Hand: Mit 3,5% ist Person A erfolgreicher als Person B mit 0,75%. Aber ist das so?

Was ist denn eine Conversion genau?

Die Umwandlungsrate ist ein Messwert, der misst welcher Anteil an gewünschten Handlungen eine Aktion bezogen auf eine umrissene Kontaktgruppe hin auslöst. Die Conversion muss nicht zwingend ein Kauf sein. Conversionsziele können auch Newsletteranmeldungen, Umfrageteilnahmen …. sein. Die Umwandlungsrate ist also eine Messung der Zielerreichung.

Ziel = Erfolg

Wir assoziieren unbewusst immer Zielerreichung mit Erfolg. Dies ist nicht richtig. Sie starten eine Kampagne und wollen 10 Bestellungen generieren. Ergebnisse der Kampagne waren 0 Bestellungen aber 3 Testanforderungen und 14 Prospektanforderungen. Würden Sie dies als Kampagne ohne Erfolg bezeichnen? Nein, denn die Kampagne hatte durchaus wünschenswerte Erfolge in Form von offensichtlichen Kundeninteresse. Hüten Sie sich daher von eine zu weiten Interpretation des Messwerts Conversion. Die einzig zulässige Aussage ist in diesem Fall, dass die angesprochene Gruppe auf diese Kampagnenform mit dem Kampagneninhalt zu diesem Zeitpunkt ohne Bestellung reagiert hat.

Beachten Sie die Conversionsschritte

„Jetzt klicken und am Gewinnspiel sofort teilnehmen“ lautet das To Do ihrer Werbeaktion. 23% haben hierauf reagiert. Ihre anderen Kaufmailings haben nur 2% Umwandlungen. Mailing eignet sich nicht für Verkaufsaktionen, so ihr persönliches Fazit. Stimmt dies oder vergleichen Sie Äpfel mit Birnen? Bei Ihrem Gewinnspiel gibt es eigentlich nur einen Conversionsschritt, nämlich klicken und dadurch automatisch teilnehmen. Sie haben hier eine 1:1-Beziehung zwischen Thema und Handlung. Die Menge Ihrer Conversionskiller bleibt überschaubar: Falsche Ansprache, versteckter Button, nicht funktionierender Link. Im zweiten Beispiel, nämlich der Verkaufsaktion, haben Sie eine 1:n-Beziehung vor sich. Der Empfänger muss im Mailing klicken, die Landingpage muss ordentlich funktionieren, der Kunde wird dann umfassend auf der Produktseite informiert und motiviert, er muss das Produkt in den Warenkorb legen, die Anmeldung darf nicht zu lästig sein und die Zahlungsbedingungen müssen stimmen und der Prozess muss ordentlich und zügig inklusive Bestellbestätigung abschließbar sein. An jedem Punkt dieser Customer Journey kann Ihr Conversionsziel scheitern und zwar auch an Faktoren, die überhaupt nichts mit Ihren ursprünglichen Einflussfaktoren zu tun haben. Denn auch hier sind Ihre direkten Einflüsse begrenzt auf: richtig Ansprache, leicht auffindbarer Button und funktionierender Link. Sie messen aber die gesamte Conversion an dieser Kette. D.h., mindestens weitere 50 Einflussfaktoren der Journey blenden Sie aus und tun bei der Conversionsbetrachtung so, als könnten Sie den gesamten Erfolg an Ihren 3 Ausgangsfaktoren messen.

Betrachten Sie die Conversion in Einzelschritten.

„Warum messen Sie eigentlich die Conversion?“ Wenn Sie jetzt antworten: „Um den Erfolg zu messen“, sollten Sie nochmals zurück auf Abschnitt 2 gehen. Sie messen die Conversion letztlich deshalb, um Erkenntnisse über die Einflussfaktoren zu bekommen. Ist es egal, wann ich meinen Newsletter versende? Ist der graue Button auffällig genug und richtig platziert? Stimmt der call to action? Wenn Sie aber eine 1:n-Conversionsstrecke vor sich haben, wie wollen Sie dann ihre Einflussfaktoren beurteilen? In diesem Fall können Sie auch würfeln. Insofern – so behaupte ich – bringt Ihnen die übliche Conversionsmessung nach der Formel Käufe / Newsletterversendung (oder Zugänge SEO oder Kontakte Adwordsanzeigen …) = Conversion keine verwertbaren Aussagen, da immer 1:n-Realationen bestehen.

Der Klassiker

In jeder Webanalyse ist er zu finden: Der Klassiker der Scheinaussage. 10.000 Klicks über SEA generiert und hieraus 300 Käufe. Unser Conversion beträgt 3%. Wir haben keine Probleme. Hätten wir nur 50 Käufe, hätten wir ein SEA-Problem. Richtig? Nein.

Schauen wir uns die beiden Fälle an. 10.000 Session werden generiert, aber 7.000 springen sofort wieder ab.  Aus den verbleibenden 3.000 Sessions werden aber 300 konvertiert. Ergo sind die Produkte attraktiv, Präsentation und die Bestellprozesse funktionieren sehr gut. Aber Adwords hat zu hohe Streuverluste.
Im zweiten Bespiel kann es so sein, dass Adwords 10.000 Session erzeugt, und auch 6.000 Besucher bleiben. Die Zahlungsbedingungen sind aber so schlecht, dass kaum ein Kunde dies akzeptieren will.  Ist dann eine Conversion von 0,5% ein Problem der SEA-Kampagnen?

Bemessen Sie die Conversion möglichst am vorhergehenden Schritt der Customer Journey

Anders formuliert lautet die Regel, dass Sie eine sinnvolle (interpretationsfähige) Conversionsmessung nur dann vornehmen können, wenn zwischen Ihrer Kampagne möglichst eine 1.1-Relation vorliegt. Dies erreichen Sie indem Sie die Conversion am vorhergehenden Prozessschritt messen.
Angenommen, Sie haben einen herkömmlichen Kaufprozess, der aus vereinfacht aus Werbeaktion -> Landing -> Warenkorbabschluss besteht, so messen Sie am sinnvollsten die Conversion aus den Landings anstatt aus der Werbeaktion.  Denn in den Daten zwischen Landings und Kauf stecke Ihre sinnvollen conversionsoptimierenden Daten. Ebenso verfahren Sie in der Conversionsbetrachtung zwischen Werbeaktion und bleibenden Besuchern auf der Landingpage. Dann erkennen Sie auch, ob das Conversionsproblem in der Werbeaktion, in der Landingpage oder im Kaufprozess liegt.

Daher lautet meine grundsätzliche Empfehlung bei der Conversionsbetrachtung grundsätzlich die Conversion bereinigt um die Absprünge zu betrachten. Wir messen Googlewerbung ja auch nicht an den Zahlen, die die Werbung nicht erreicht hat. Ebenso unsinnig ist es eine Conversion danach zu beurteilen, welche Leute sich grundsätzlich nicht mit dem Thema oder Produkt befassen wollen (Absprünge).

Wenn Sie so vorgehen, so haben Sie nicht eine Conversionszahl, sondern mehrere. Zum Beispiel die Conversion 1, die das Conversionsziel bleibende Besucher auf Landeseite misst. Ergo eine Conversion 2, die Ihnen die Umwandlung von bleibenden Besuchern hin zum Kaufabschluss misst. Im Bedarfsfall müssen Sie Ihre Conversionen filigraner auslegen, wenn Sie die Vermutung haben, dass Produktinformationen, Check out etc. Probleme haben. Auf diese Weise bekommen Sie ein simples aber ausreichend informatives Reporting, das Ihre spezifischen Schwächen aufzeigt.

Wenn Sie dann zu Conversionsvergleichen gefragt werden können Sie elegant antworten: In Ihrem Verständnis wäre die Conversionsrate mit 0,75% als sehr bescheiden an zu sehen.  Aber die Umwandlungsrate zwischen Landings und Warenkorbabschluss liegen bei 8%, so dass wir mit unserem Shop sehr zufrieden sind und auch zuversichtlich sind die Streuverluste in den Anzeigen zu verbessern.